BADESTUBEN
IM MITTELALTER.
Kaum waren die Römer mit ihren hoch entwickelten Badesitten
in Europa untergegangen, lag die vornehme Nutzung von Wasser
nicht mehr im Trend. Erst im 12. und 13. Jahrhundert sollen
Kreuzfahrer die Sitten einer neuen Badekultur und Körperhygiene
von den morgenländischen Sarazenen mitgebracht haben.
Sagt man. Dessen ungeachtet wurde das späte Mittelalter
zur Blütezeit der Badehäuser in Europa, während
in den Gassen Unrat und Exkremente stanken. Weil zu jener
Zeit aber riesige Mengen an Bauholz verbraucht wurden, verteuerte
sich der Holzpreis und damit wurde auch das Baden immer teurer,
die Leute kamen seltener. Als im 16. Jahrhundert wegen der
Verbreitung von Pest und Syphilis die Badehäuser zeitweise
geschlossen waren, verlief sich die Kundschaft vollends. Man
gab dem Baden große Schuld an der Verbreitung von Seuchen
ohne zu wissen, dass eher die mangelnde Hygiene der Bader,
wenn sie sich mehr oder weniger erfolgreich als Friseure,
Zahnärzte oder Chirurgen verdingten, beim Aderlassen
und Schröpfen den Keim des Übels förderten.
Den Dreißgjährigen Krieg überlebte kaum eine
der Badeanstalten und eine um gute Sitten besorgte geistliche
Obrigkeit erhob das Nichtbaden kurzerhand zur Tugend. Weißer
Puder sollte das Hygieneproblem trocken lösen. Oder man
suchte Schutz unter einer dicken Schicht von Schmutz.

Wer
es sich während der goldenen Jahrzehnte gegen geringe
Gebühr leisten konnte, wollte nicht einsam im Badezuber
tümpeln, verborgen hinter Vorhangtüchern im Schlafzimmer
oder in der warmen Stube und sich wie jeder Gemeine mit einem
fettlösenden Gemisch aus Wasser und Asche abreiben. Und
so wußten die Wohlhabenderen einen behaglichen Besuch
einer Badestube durchaus zu schätzen.
Doch wie muß man sich so eine mittelalterliche Badestube
vorstellen, wo bereits zur frühen Morgenstunde der Bader
mit seiner Frau und den Gesellen dem Kupferkessel ordentlich
einheizten, um heißes Wasser zu machen. „Es
ist nemlich ein niedriges Gemach ...” weiß
Zedlers Universallexikon von 1733 zu berichten. Üblicherweise
war der Boden mit Steinplatten belegt und der Raum von oben
mit einer massiven Holzbalkendecke abgeschlossen. In einer
Ecke befand sich ein gemauerter Badofen, daneben der in die
Wand eingelassene Warmwasserkessel. Für eine saubere
und rußfreie Beheizung erfolgten Feuerung und Schürung
von einer vertieft nebenan liegenden separaten Heizkammer
mit großem Brennstofflager.
Bevor die Gäste das Zentrum der Badestube erreichten,
betraten sie von der Gasse her kommend über einen dunklen
Gang ein erstes Zimmer zum Entledigen der Straßenkleidung
und zum vorbereitenden Ruhen auf kachelofenbeheizten Bänken
und Betten. Derart angetan wurde man im Vorbad mit angewärmtem
Wasser übergossen und mit gekochter Seife ausgiebig abgeschrubbt.
Erst dann und sauber durfte der Besucher die innere Badestube
aufsuchen. Während die einen auf Holzbänken saßen
und vor sich hin schwitzten, liesen sich andere gegen Entrichtung
eines entsprechend höheren Obolus im hölzernen Bottich
nieder und vom heißen Badewasser mit entspannenden Aromakräutern
verwöhnen.
Zwischendurch konnte man sich im Vorbad kalte Abgüsse
aus bereitgestellten Eimern holen. Wenn dann zum Abschluß
der vergnüglichen Stunden jegliche Trübsal aufgeweicht
war, wurde gegessen und getrunken - und nicht selten angebandelt.
Eine geschlechtliche Trennung der Badbesucher war ursprünglich
übigens nicht vorgesehen und erst im 15. Jahrhundert
von der Kirche wegen moralischer Bedenken eingeführt
und streng überwacht.
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