KLEINE
FREUDEN DES ALLTAGS.
Hat in Persien ein hübsches Mädchen das
Licht der Welt erblickt, wird es womöglich Gul
genannt. Gul, das persisches Wort für Rose.
Ganz ähnlich sieht der Türke seine Angebetete an
und nennt sie zärtlich Gül - Rose. Diese Metapher
kommt nicht von ungefähr. Der persische Ort Schiras
[d.h. Löwenbauch] wurde einst als irdisches
Paradies von blühenden Gärten mit Rosene round Granatäpfeln
hoch gepriesen - und wegen der schönsten Frauen im ganzen
Land.
In den Rosengärten zog man mit viel Hingabe vorzugsweise
gefüllte Rosen mit stark duftenden Blüten, allen
voran die Sorten Rosa gallica und Rosa damscena.
Rosenöl aus Schiraz galt als Höhepunkt
morgenländischer Sinnlichkeit und zählte mit zum
Besten, was für schnöden Mammon zu haben war. Gar
nicht weit von Schiraz entfernt steht seit 1390 das
Mausoleum des Dichters Hafis.
Goethe schuf mit dem „West-östlichen
Diwan” die wohl berühmteste Hommage an diesen
Poeten des Morgenlandes:

Ist möglich, daß ich,
Liebchen, dich kose,
Vernehme der göttlichen Stimme Schall!
Unmöglich scheint immer die Rose,
Unbegreiflich die Nachtigall. .....
spricht Hatem völlig bezaubert zu Suleika.
Verschwiegene Rosengärten gibt es aber auch anderswo.
So werden von Zeit zu Zeit im Bazar von Buchara noch
immer bezaubernde Rosenbuketts aus den umliegenden Gärten
angeboten. Auf Teppichen aus Bidjar wetteifern Rosen,
Nelken und Kornblumen als Randbegrenzung in einem unübersichtlichen
Knotenwirrwarr und im Souq von Aleppo schwelgt man
in Pudding mit Rosenwasser. Zeit und Begierde haben Zucht
und Sucht nach duftenden Rosen auf der Seidenstraße
schließlich immer weiter nach Westen getragen, von Damaskus
über Konstantinopel nach Bulgarien,
von Marokko bis nach Frankreich und in die
Gartenanlagen von Südwales.
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