SCHIFFCHEN,SCHIFFCHEN,
WEBE FEIN, FÜHR DEN FREIER MIR HEREIN.

Weben
bedeutet, zwischen vielen parallel gespannten Fäden (=
Kette), einen anderen Faden (= Schuß oder Eintrag),
üblicherweise im rechten Winkel so einzuziehen, dass
ein zusammenhängendes Flachgewebe entsteht.
Als eine der ersten mechanischen Gerätschaften dazu diente
der Gewichtswebstuhl. Die Kettfäden waren senkrecht gespannt
und die einzelnen Schußfäden wurden horizontal
per Hand oder mit Nadeln hindurchgezogen. Im Mittelalter entwickelten
sich daraus erst einfache Flach-, dann kompliziertere Schaftwebstühle.
Damit können anstatt nur einzelner Fäden ganze Kettfadengruppen
zusammen gehoben oder gesenkt werden, bevor der Einschußfaden
folgt. Musterungen und Motive lassen sich so einfacher und
wiederholbar herstellen.

Die Einführung der Weberschiffchen als Flying Shuttle
durch John Kay 1733 revolutionierte die Webstühle
fundamental. Ab jetzt verdoppelte sich die Fertigungsgeschwindigkeit.
Stoffbahnen wurden breiter und nur noch ein Arbeiter pro Fabrikwebstuhl
benötigt. Das moderne Weberschiffchen transportiert den
Schussfaden mit sehr hoher Geschwindigkeit zwischen den Kettfäden
hin und her und erspart dem Weber das anstrengende manuelle
Durchziehen. Da wesentlich mehr Gewebe produziert wird, benötigt
der Weber allerdings auch unendlich mehr Kettfäden.
Joseph Maria Jacquard aus Lyon erkannte
im Jahr 1805 das mathematische Prinzip von 0 und 1, auf welchem
auch digitale Technik basiert. Damals entsprach den beiden
Zahlen die Mechanik von Heben oder Senken mit einer Steuerung
aus gelochten Kartonkarten. Auf Leinenbänder, deren Anfang
mit dem Ende verbunden war, klebte man Lochkarte neben Lochkarte,
damit vordefinierte Stoffmusterungen endlos hergestellt werden
konnten. Treffen Tastnadeln der Jacquardmaschine in das Loch
einer Karte, so werden die entsprechenden Kettfäden angehoben.
Finden sie kein Loch, bleiben sie gesenkt. Nach diesem Prinzip
funktionieren auch computergesteuerte Webmaschinen und CAD-Anlagen,
allerdings mit dem Unterschied, dass Lochkarten durch elektronische
Impulse ersetzt und die Arbeitsgeschwindigkeit deutlich gesteigert
sind.

Mit
Lochkarten gesteuerter Webstuhl im Webereimuseum von Haslach.
Das digitale Prinzip von 0 und 1 existierte als regionale
Be-sonderheit allerdings bereits vor Herrn Jacquards Erfindung
im oberösterreichischen Mühlviertel, wo zwei eigenartige
Schaftwebstühle von 1750 erhalten sind. Bei diesen sogenannten
Bröselmaschinen waren Holzklötzchen - anstelle
der späteren Lochkarten - auf einen Leinenstreifen geklebt,
durch dessen Abtastung sich ebenfalls entsprechende Schäfte
hoben oder senkten.
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